Eine besondere Reise zum Wunschkind: "Wir haben es geschafft!"

*Trigger-Warnung: Diese Erzählung behandelt Themen wie unerfüllten Kinderwunsch, Fehlgeburt, Not-Operationen und Angstzustände*

Jasmins Weg zum Wunschkind war kein einfacher. Ihre Erfahrung ist geprägt von Leid, Schmerzen, Trauer - und ganz viel HOFFNUNG. 
Sie erzählt ihre Geschichte in eigenen Worten
:

"Nach meiner zweiten Bauchspiegelung sagte mir der Arzt, dass meine Eileiter verschlossen sind und zusätzlich erhielt ich die Diagnose PCO.
Wenn ich je Kinder möchte, dann wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit nur durch künstliche Befruchtung in einer Kinderwunschklinik möglich sein.
Ich war damals noch sehr jung und fühlte mich nach dieser Diagnose sehr mies.
Welcher Mann wollte schon eine Frau, die keine Kinder auf natürlichem Weg bekommen kann?
Es war hart, dies anzunehmen und ich fühlte mich wie eine Versagerin.


Sechs Jahre später hielt ich (auf natürlichem Weg) einen positiven Test in Händen und meine erste Tochter wurde 2011 geboren.
Mein Lotto 6er.
Ich brauchte eine lange Zeit, um zu realisieren, dass ich nun wirklich Mama bin.

Der Wunsch nach einem zweiten Kind wurde größer und so beschlossen wir, es wieder auf natürlichem Wege zu probieren.
Hatte 2011 doch auch geklappt - vielleicht sollte dieses Wunder wieder sein?
Wir würden es versuchen, aber keinen (!) Schritt weiter gehen und keinesfalls hormonell unterstützen oder gar medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
Auf keinen Fall, dann sollte es nicht sein...
Dass mein Weg Monate später von viel Leid, Ängsten, Schmerzen, Operationen, Hormonen & Hoffnung begleitet war, hätte ich niemals gedacht.
Wozu man wirklich fähig ist, weiß man erst, wenn man selbst in dieser Situation steckt…

Einige Monate später hielt ich wirklich wieder einen positiven Test in Händen.
Leider endete diese Schwangerschaft mit einer Not-OP, da der Embryo (bereits mit Herzschlag) im rechten Eileiter saß.
Dieser Eileiter wurde mir komplett entfernt, sowie auch der rechte Eierstock, da sich darin eine Zyste befand.
Dieser Verlust, dieser Schmerz…große Trauer machte sich breit.

5 Wochen nach dieser Not-OP, an Silvester 2014/2015, platzte mir zu Hause der andere Eileiter.
Plötzlich starke Schmerzen, Ängste und große Ungewissheit.
Eine Nacht war ich ohne Diagnose im KH, keine Schmerzinfusion half. Sie dachten, ich hätte eine Magen Darmgrippe - bis ein Dienstwechsel anstand.
Ich konnte nicht mehr liegen, nur noch sitzen und schwer atmen.
Dann ging alles ganz schnell: Untersuchungen und sofort in den OP.
Aufgrund der Verschleppung von Schwangerschaftszellen bei der ersten Operation platzte mir der andere Eileiter. Eine kaum vorhandene Seltenheit.
Diesmal war die Operation aufwändiger, mein kompletter Bauchraum war bereits voller Blut, Blutkonserven usw.
Sie kämpften Stunden, um mir das Leben zu retten. Dabei wurde mir auch der zweite und somit letzte Eileiter entfernt.
Ich musste mich danach erstmals erholen, auch psychisch.
Der Wunsch nach einem zweiten Kind war aber so groß, dass ich möglichst schnell mit einer IVF starten wollte.

Dann aber der nächste Schock:
Leider war mein Muttermundabstrich nicht in Ordnung (Pap 3d), auch nach einer Wartezeit und 2. Kontrolle nicht (Pap 3d cin2)…und so stand im März 2014 die nächste OP an, eine Konisation.
Zwei Wochen nach dieser OP platzte die Wunde auf und es musste erneut notoperiert werden, da es sich nicht veröden und tamponieren ließ.
Weitere zwei Wochen später platzte es ein zweites Mal auf – dieses Mal schafften die Ärzte dann die Verödung, ich hatte allerdings abermals einen stationären Aufenthalt.
Ich suchte mir eine Psychologin, da ich merkte, dass ich arge Ängste entwickelte.
Am liebsten hätte ich vor dem Krankenhaus geschlafen - aus Angst, dass mir wieder etwas aufplatzte, ich wieder operiert werden musste, ich wieder spontan im Krankenhaus bleiben muss.
Jeder Weg abseits des Krankenhauses bereitete mir Angstzustände.
Ich entwickelte sogar Ängste vor einer Schwangerschaft.
Mein größter Traum wurde zur größen Angst - doch aufgeben kam mir nicht in den Sinn.

Dadurch, dass ich keine Eileiter mehr hatte, konnte ich auf natürlichem Wege nicht mehr schwanger werden und wir waren auf eine Kinderwunschklinik angewiesen. Befremdlich für jemanden, der noch nie dort war. Bis man das erste Mal vor Ort ist und sieht, dass es einfach Ärzte sind, die einem helfen wollen.
Endlich starteten wir den ersten Versuch beim WIF in Wien.
Wir entschieden uns für eine PICSI, um die Befruchtungsrate zu erhöhen (da ich mit nur mehr einem Eierstock nicht sehr viele Follikel haben würde).
Ich kannte mich kaum aus und suchte im Internet nach Foren, in denen man sich austauschen und informieren kann.
Schnell verstand ich immer mehr, was auf uns zukommen wird. Man liest sich ein und findet Gleichgesinnte zum Austausch.
Die tausend Fragen im Kopf verringerten sich. Es waren einige deutsche Frauen in der Gruppe, wo die Bedingungen andere sind als bei uns in Österreich und so beschloss ich, selbst eine Facebook-Gruppe zu gründen.
Wir nannten diese "Wenn der Storch Hilfe braucht: Ivf/Icsi, Österreich". Es half mir ganz unglaublich, sich auszutauschen, sich zu trösten und sich zu unterstützen.
Diese Gruppe bot die Möglichkeit, sich zu öffnen. Auch wenn man sich nicht kennt, versteht man sich. Es gab keine verletzenden Kommentare, da wir alle im selben Boot saßen.
Die "Außenwelt" konnte diesen Weg oft nicht nachvollziehen, nicht verstehen, nicht akzeptieren.

Alles war aufregend: Die Medikamente, die erste Spritze zu Hause, sich genau an den Plan und die Uhrzeiten zu halten. Ich hatte immer eine Spritzenphobie. Mit den Versuchen lernte ich Spritzen "zu lieben" - denn ich wusste, jede Spritze brachte uns weiter zum zweiten Wunschkind. Es fand nach einigen Ultraschallterminen die Punktion statt. Danach wieder einen Tag warten. Dann kam der Anruf, wieviele der gewonnen Eizellen reif waren und wieviele sich befruchten ließen. Wir ließen drei Tage später eine befruchtete Eizelle (einen 8-Zeller) einsetzen. Leider ging dieser Versuch negativ aus und wir mussten einen Zyklus Pause machen.
Die 2te PICSI, wieder mit Spritzen/Hormonen/Tabletten, alles von Neuem. Nebenwirkungen der Hormone, Hitzewallungen, Übelkeit, Schwindel, alles war dabei.
Dieses Mal ließen wir zwei Eizellen einsetzen, aber auch dieser Versuch lief negativ und wir mussten abermals warten.

Wir starteten diesmal mit anderen Hormonspritzen. Es war Hochsommer und mir ging es bei diesem Versuch nicht gut. Nach der Punktion hatte ich einen richtig schmerzenden Blähbauch.
Mir war übel, ich hatte Schwindelanfälle, ich fühlte mich permanent „voll“.
Diesmal hatten wir dann auch 6! befruchtete Eizellen.
Mehr als bei den Versuchen davor und wir beschlossen mit der Ärztin, diese 6 zu Blastozysten (Stadium am Tag 5 nach der Punktion) entwickeln zu lassen und waren voller Zuversicht.
Am Transfer-Tag mussten wir ins Büro anstatt in den OP. Wir waren verwundert und die Ärztin sagte uns, dass es keine dieser 6 Eizellen bis zur Blastozyste schaffte.
Alle blieben an Tag 3-4 stehen und waren von keiner guten Qualität. Das war ein sehr einschneidender Tag für mich, dessen Schmerz ich heute noch abrufen kann.

Wir beschlossen dann gemeinsam als Paar eine Stunde bei einer Psychologin der Kinderwunschklinik zu nehmen.
Weiters ließen wir Untersuchungen durchführen. Immunologische Tagesklinik und eine Gebärmutterspiegelung (erneute OP in Vollnarkose)-  um zu sehen, ob in der Gebärmutter alles in Ordnung ist, oder ob zB eine Entzündung vorliegt.
Bei der Immunologie wurde eine genetische Immunabwehrschwäche entdeckt. Mir fehlt das MBL-Gen, worduch ich in der Schwangerschaft keinen Pilz oder Infektion haben durfte, da dadurch eine Fehlgeburt ausgelöst wird. Einfach erklärt, konzentriert mein Immunsystem sich dann auf die Infektion und „vergisst“ den Embryo.
Bei dieser Gebärmutterspiegelung wurde gleichzeitig ein Scratching durchgeführt, sprich die Gebärmutterschleimhaut wurde angeritzt.
Das sollte dabei helfen, im Folgezyklus eine Einnistung zu fördern.

Wir starteten die 4. PICSI (dies war der letzte Versuch, den der IVF-Fond fördern würde) - Druck, Stress, Angst.
Ich begann wieder zu spritzen und wir hatten letztlich drei befruchtete Eizellen.
Zwei davon sollten drei Tage nach der Punktion zu mir zurück. Diesmal durfte ich in der Früh im Labor anrufen, um bzgl. des Transfers nachzufragen.
Der Embryologe sagte mir, dass zwei 8-Zeller super entwickelt auf mich warten. Wir ließen beide einsetzen und rund um die Punktion bekam ich noch Antibiotika und Gelbkörperhormone (oral, vaginal und zweimal die Woche durch den Arzt per Depotspritze), da ich zudem eine Gelbkörperschwäche hatte.

Ich testete 10 Tage nach Punktion hauchzart positiv und konnte es kaum glauben. Leider fingen einen Tag später regelstarke Blutungen an und ich vermutete das Schlimmste.
Die Tests wurden aber stärker und eine innere Stimme sagte mir "Mami, ich kämpfe". Ich spürte es, dass sie hier ist, dass sie kämpft - dennoch war ich gebeutelt von großen Ängsten.
So viele KH-Aufenthalte, so viele Ängste, Operationen, vier Frischversuche und nun bin ich tatsächlich schwanger!

Diese Schwangerschaft war alles andere als ruhig…ich hatte ein Hämatom und einen verkürzten Gebärmutterhals. Der Herzschlag der Kleinen war zu schnell, es kam zu vorzeitigen Wehen...ich musste zu Hause liegen von der 5. bis zur 35. Schwangerschaftswoche...zwischendurch stationäre KH-Aufenthalte, wobei ich in der 25. Schwangerschaftswoche auch die Lungenreifespritze bekam. Unser Wunder erhielt in der 16. Woche den Namen NADJA - Nadja bedeutet "Hoffnung".
Jede Woche war ein Geschenk. Das ewige Liegen dabei war nicht das Schlimme - sondern die Psyche. Über Monate nur zu Hause zu liegen, die Ängste immer da. Es gab viele Tränen und viele Sorgen.
Diese Zeit war die schlimmste bisher in meinem Leben, eine Achterbahnfahrt zwischen Freude und Leid.
Am Ende wurde die Maus zweieinhalb Wochen vor dem Geburtstermin geholt und machte mich einfach sprachlos.
Ich weinte bis etwa ein Jahr nach ihrer Geburt täglich: Aus Freude, aus Stolz, aus Dankbarkeit!
Wir haben es geschafft!"


Anmerkung: Heute (Jänner 2024) ist Jasmins Tochter Nadja bereits 7 Jahre alt und Jasmin erwartet im Frühjahr ihr 3. Wunder.
Danke für deine Offenheit, für deinen Mut und dafür, dass du die HOFFNUNG niemals aufgegeben hast! 

Wenn ihr Fragen zu den im Text verwendeten Begriffen und Bezeichnungen habt, meldet euch gerne bei uns.

 
 
 
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